Jeder kennt es, das wütende Gekläffe von Hunden hinter dem Zaun oder der Wohnungstür. Wenn man ihr Revier betritt, greifen sie an - einige direkt von vorn, andere nur von hinten. Viele wedeln dann aber nur noch freundlich mit der Rute, als wollen sie sagen: "Entschuldige bitte. Es war nicht so gemeint." Doch es war so gemeint. Die Eigenschaft, Haus, Garten oder Auto ihres "Rudels" zu verteidigen, haben Hunde vom Wolf geerbt. Auch der Wolf verteidigt das Revier seines Rudels gegen jeden fremden Wolf. Nur ist sein Revier sehr viel größer als das eines Haushundes und umfasst nicht nur den engen Wohnbereich um die Höhle herum, sondern das gesamte Jagdgebiet des Rudels.

Der Lebensraum der extrem anpassungsfähigen Wölfe ist sehr unterschiedlich. Wölfe leben in der Wüste, im Gebirge und auch in der arktischen Tundra in Eis und Schnee. Einzig die zur Verfügung stehende Nahrung schränkt ihren Lebensraum ein. Dies zeigt auch die sehr variable Reviergröße, die von 50 km² bis fast 2000 km² reichen kann.
Zwischen den einzelnen Revieren gibt es eine Art Niemandsland indem die benachbarten Rudel nicht jagen. Das hat den Vorteil, dass sich hier die Beutetiere ungestört vermehren können. Sobald in diesen "Ruhezonen" die Beutetierdichte zu groß wird, wandern die Beutetiere aus, gelangen so in die Wolfsreviere und werden dort gejagt.

Wie groß solches Jagdrevier ist, hängt von der Zahl, aber auch vom Verhalten der wichtigsten Beutetiere ab. Leben die Wölfe zum Beispiel von Rentieren, die viel wandern, müssen sie mitwandern. Im Frühsommer geht es über die baumlose Tundra bis hinauf zur Polarmeerküste. Im Herbst ziehen die Herden wieder zurück bis an die Grenze des Waldes, wo die Rentiere den Winter verbringen. Solche Reviere eines Rudels sind besonders großräumig, so groß wie ganz Deutschland oder noch größer.

Bei Beute wie Elch, Hirsch oder Reh beträgt die Reviergröße eines Wolfsrudels immerhin noch 100 bis 200 Quadratkilometer - das ist so groß wie der gesamte Nationalpark Bayerischer Wald. Auch solch ein Gebiet können Wölfe nicht immer und überall gegen Eindringlinge verteidigen. Aber sie können hier ihre Spuren hinterlassen, die besagen, dass dieses Revier besetzt ist. Vor allem die erwachsenen Rüden heben bei jeder Gelegenheit das Bein und markieren mit Urin- Spritzern ihren Anspruch auf dieses Gebiet. Amerikanische Forscher haben festgestellt, dass Wölfe meist entlang ihrer Reviergrenzen wandern und hier besonders viel markieren. Das Gleiche machen natürlich auch die Wölfe aus benachbarten Revieren. So ziehen sich richtige "ausgetretene" Grenzmarkierungen durch die Landschaft, an denen die Wölfe auch besonders häufig heulen.

Was bei uns also Grenzpfosten und Schlagbäume entlang der Grenzen sind, sind bei den Wölfen Duftmarken mit Urin- Spritzer, die ebenso wie Grenzen nicht ohne weiteres überschritten werden dürfen. Meist sind es Jungwölfe, die in ein benachbartes Revier eindringen, auf der Suche nach besseren Jagdgründen, nach einer Partnerin oder vielleicht nur aus Neugier. Meist geht alles gut, weil die Revierinhaber vielleicht gerade anderswo unterwegs sind. Wird der Eindringling aber entdeckt, folgt sofort der Angriff. Vor allem der ranghöchste Rüde ist wütend. Hemmungslos stürzt er sich zusammen mit den anderen erwachsenen Rudelmitglieder auf den Eindringling. Kann dieser sich nicht durch Flucht retten, töten sie ihn auf der Stelle und sollten sie Hunger haben, fressen sie ihn auf.

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