Aggressive und defensive Verhaltensweisen bestimmenden Ausgang der Rangordnungskämpfe. Zum Ritual der aggressiven Verhaltensform gehört das Imponiergehabe: hochgestellte Rute, starrer Blick, hochgezogene Lefzen, das Zeigen der Zähne, gerunzelter Nasenrücken, gerunzelte Stirn, drohendes Knurren beigesenkter Kopfhaltung, nach vorn gestellte Ohren. So beginnen zwei Wölfe die Auseinandersetzung, wenn sie sich noch gleichrangig fühlen oder der bis zu diesem Zeitpunkt noch rangtiefere Wolf dem ranghöheren eben diesen Rang streitig zu machen versucht.

drohender Wolf sich verteidigender Wolf

Der sich als stärker erweisende würde rücksichtslos seinem Gegner ans Leben gehen, wenn nicht dessen rituelles Unterwerfungsangebot bei ihm naturgemäße Beißhemmungen auslösen würde.

Auseinandersetzungen zwischen rangnahen Tieren sind drastischer als zwischen deutlich rangverschiedenen. Rangpositionen werden mehr oder weniger ständig in Frage gestellt, durch Begegnungen bestätigt oder verändert. Solche Auseinandersetzungen sind keine ,Privatsache' , sondern werden vom Rudel aufmerksam verfolgt.

Zu ernsten Kämpfen kommt es in der Regel nur zwischen den Ranghöchsten um die Alpha-Position. Ein solcher Kampf wird lautlos geführt; das Beiwerk aus dem Repertoire des Ausdrucksverhaltens entfällt meist ganz. Der Kampf endet mit der Niederlage eines Wolfes, der verletzt aufgibt bzw. flieht. Kommt es zu keiner Entscheidung, folgen bald neue Kämpfe.

Es kann zu Ernstkämpfen zwischen Wölfen kommen, in denen dem unterliegenden Wolf das Demutsverhalten nichts nützt, der Sieger weiter hemmungslos angreift. Der Ausweg ist dann nur die Flucht. Ob der Verlierer im Rudel bleiben kann, hängt vom Verhalten der anderen Rudelmitglieder ab. Greifen diese ihn an, so hat er offenbar auch ihnen gegenüber seine dominante Stellung verloren. Das letztere wird eher bei den Weibchen beobachtet, die dadurch zwangsweise aus dem Rudel ausscheiden.

Das Ausscheiden muss nicht von Dauer sein. Hält sich der Besiegte in der Nähe des Rudels in einer von den Wölfen geduldeten Distanz, sind neue Kontaktaufnahmen möglich. Die Situation dafür ist günstig, wenn im Rudel keine aggressiven Aktivitäten vorherrschen, sondern spielerisch-freundliche. Das ist der Augenblick, den der Vertriebene nutzen kann. Mit Ansätzen des Demutsverhaltens muss er sich dem Sieger nähern. Werden diese vom Sieger akzeptiert, können als nächstes distanziertere vorgebrachte Spielhandlungen das Feindverhältnis weiter abbauen. Mit Einhaltung ausgekämpfter Rangordnungen kann sich ein neuer Ausgleich herstellen. Mit diesem Erfolg wäre die Wiederaufnahme ins Rudel perfekt.

Es gibt wesentliche Unterschiede in den Rangkämpfen der Rüden und Fähen. Bei den Weibchen wird von Anfang an aggressiv angegriffen: ohne Beißhemmung, ohne Drohen, Imponieren oder andere Formen von zur Schau gestellter Stärke. Manchmal beteiligen sich auch alle Weibchen an den Auseinandersetzungen und die Verliererin des Kampfes wird weiter hemmungslos angegriffen, bis diese entweder flieht oder stirbt. Bei den Rüden werden die Auseinandersetzungen sehr viel weniger aggressiv. Auftritt, Drohungen, Imponieren und Proteste beherrschten die Szene. Fest gebissen wurde kaum, und dementsprechend gibt es meist auch keine ernsthaften Verletzungen. Obwohl oft die Entscheidungen in den einzelnen Rangkämpfen gefallen sind, tritt auch nach dem Ende des Kampfes keine Ruhe ins Rudel ein. Es folgen weitere Rangkämpfen, bis im Rudel wieder ein Gleichgewichtszustand erreicht ist.

Rangkämpfe beginnen oft auch als Spielhandlung und werden erst fortgesetzt, wenn ein Partner nicht bereits beim Spielen mit einer Demutshaltung seine Waffen streckt. Belästigungen zählen auch zu den Eröffnungen eines Rangkampfes.

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